Wieviel Gefühl braucht ein balanciertes Leben?

Ich war heute früh zum Café mit einem Firmengründer verabredetet. Nein, keinem start-up Gründer, sondern mit jemandem, der schon seit mehreren Jahrzehnten sein Unternehmen führt. Wir kamen auf meinen Besuch bei der Buchmesse zu sprechen und meiner Lesung am Freitag Abend in Frankfurt. Er wollte wissen, von was mein Buch „Don’t kill me, I’m in love“ handelt.  

Die Novelle erzählt von dem Gefühl der Liebe, führte ich aus. Es geht nicht um die Durchschnittsliebe – die Liebe, deren Verlust man einigermaßen unbeschadet überstehen kann. Vielmehr erzählt sie anhand der Protagonist Ada von der Empfindung, die die Macht der Zerstörung in sich trägt, weil sie das menschlich Innere zum Brodeln bringt. Das passiert nur selten im Leben. 

Während meiner Research Zeit für das Buch, bin ich auf Menschen gestoßen, denen ein derartiger Gefühlsvulkan noch nie wiederfahren ist. Ich lasse an dieser Stelle offen, ob eine solche Erfahrung im Leben überhaupt notwendig ist. Sie aber erleben zu dürfen, stellt für mich persönlich, eine große Bereicherung im Leben da. Unabhängig von der Dauer der Liebesgeschichte. Vielleicht liegt das daran, dass ich der Auffassung bin, dass das Lieben auch ein Ende haben darf.  

Meine Figur Ada wagt sich entgegen aller rationalen Erwägungen in die Liebe, erklärte ich weiter. Dafür habe ich die Konstellation einer Dreiecksbeziehung gewählt. Karl, verheiratet und Vater der kleinen Tochter Lilly, wurde von mir derart skizziert, dass er das erste Mal erfährt, was Liebe auch bedeuten kann: eine besondere Tiefe und Verbundenheit zu einer anderen Frau, die ihm bislang in der Partnerschaft zu seiner Ehefrau fremd war. 

Was tun, wie agieren, wie entscheiden? Wann ist ein Vater ein „guter“ Vater, wie reagiert das Umfeld? Wie lange kann ein solcher Zustand aufrechterhalten werden und was passiert danach? Ist es nicht doch besser der Ratio zu folgen? Gerade dann, wenn klar ist, dass Emotionen kommen und gehen? Gefühle sind schließlich nicht verlässlich. 

Mein Frühstückspartner lehnte sich zurück, verschränkte seine Hände und sagte: „Interessant, derart viel Gefühlsbeben habe ich mir in meinem Leben nie erlaubt. Ich war immer viel im Kopf“. Dabei beugte er sich nach vorne und klopfte sich mit seinem Zeigefinger auf seine Schläfen, bevor er nach ein paar Sekunden Schweigen ergänzt:

„Heute weiss ich nicht, ob das der richtige Weg war.“

Meiner Meinung nach ist es eine Kunst, das Herz und den Verstand in Einklang zu binden. Gerade im von maskuliner Energie geprägtem Umfeld des Wirtschaftslebens zählt die Ratio mehr als das Gefühl. Auch ich hatte eine Phase in meinem Leben, in der ich viel im Kopf lebte. Immer wieder brauchte ich Begründungen, Erklärungen und ein Verständnis für das, was ist. Die Freude des Älter Werdens beinhaltet jedoch auch den Umstand, das Herz sprechen lassen zu dürfen und ihm zu folgen. Auch, wenn die Logik den Schritt erst einmal nicht versteht. So ist es jedenfalls bei mir. 

Ein besonderes Highlight im Alltag ist es für mich, wenn Herz und Verstand im Einklang stehen. Das ist meiner Meinung nach auch der beste Weg, diesem ver-rückten Leben zu begegnen. Es ist dann, als würde sich der Osten und der Westen der Welt, der eine Teil steht für den Bauch, der andere für den Verstand, vereinigen. 

Dann ist wieder ein Stückchen Frieden erreicht. 

https://linktr.ee/dontkillmeiminlove

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