(Du willst lieber hören? Dann geht es hier weiter für Dich: https://bit.ly/35HYav1)
Stelle dir vor, es ist ein sonniges Wochenende und du bist in den Bergen unterwegs. Du hast eine einsame Wanderroute ausgewählt und freust dich schon, wenn du Stunden nach dem anstrengenden Aufstieg auf der Berghütte vespern kannst. Dort angekommen bemerkst du, dass die Hütte geschlossen hat. Verdammt – du hast nichts zum Essen dabei und dein Magen knurrt. Wie viel Geld wärst du bereit, jetzt für eine Portion Essen auszugeben?
Nimm mal an, du hast den ersten Teller bezahlt und auch verzehrt: wie viel würdest du direkt nach dem ersten nun für den nächsten Teller zahlen? Und danach: Was wäre dir eine dritte und vierte Mahlzeit wert?
Wenn du einigermaßen durchschnittlich tickst, wärst du geneigt, für den ersten Teller viel auf den Tisch zu legen. Vielleicht sogar doppelt so viel von dem, was du normalerweise zu zahlen bereit wärst. Für den zweiten Teller, den du unmittelbar nach dem ersten bekommst, eventuell dann „nur“ noch den üblichen Preis während der dritte Teller für dich sogar weniger als das wert wäre. Der vierte Teller hätte vielleicht sogar „nur“ noch den Wert eines Kugelschreibers für dich.
Das was hier typischerweise passiert, wird in der Ökonomie als „abnehmender Grenznutzen“ bezeichnet. Jeder weitere Teller bringt dir weniger Nutzen als der davor. Und ab einem gewissen Punkt dann sogar überhaupt keinen Mehrwert mehr. Dieses ungeschriebene Gesetz greift nicht nur bei warmem Essen auf einer Bergspitze, sondern ist bei nahezu allen „Gütern“ anwendbar: Wasser, Kleider, Autos, You Tube Kanälen, Facebook Freunden und, ganz wichtig, insbesondere auch bei Geld.
Ab einer gewissen Grenze Vermögen führt ein zusätzlicher Geldzuwachs nicht zu weiterem Glück für den Einzelnen. Klar ist, wer in Armut lebt, sehnt sich nach einem größeren finanziellen Spielraum. Kein Geld zu haben ist ein existentielles Thema. Untersuchungen haben aber ergeben, dass Geld ab einer gewissen Vermögensschwelle eine immer untergeordnetere Rolle spielt. Diese Schwelle liegt aktuell wohl bei ca. 50.000€/ Jahr und Haushalt.
So ist Geld bei einem Jahreseinkommen von 50.000€ zwar noch spürbar relevant. Bei einem Jahreseinkommen von 100.000€ reduziert sich allerdings der Effekt immer mehr. Klar ist, dass die Summe je nach Wohnort variiert: in Hongkong brauche ich mehr Geld als in dem Örtchen Eisenburg im Allgäu.
Du wirst dir nun die Frage stellen, warum wir alle denn dann noch weiter Lotto spielen und uns manchmal in Jobs, die wir nicht wirklich mögen, abkämpfen, „nur“ um die nächste Gehaltserhöhung zu rechtfertigen?
Einer der wesentlichen Gründe könnte lauten, dass Geld eine „relative Wirkung“ im Vergleich zu anderen Menschen hat. Stelle dir dafür einfach vor, du hast ein tolles Haus für dich und deine Familie geschaffen. Es hat ausreichend Platz und sogar Sonnenschein, der vormittags euren Küchentisch in ein strahlendes Gelb haucht. Eines Tages baut gerade der Kollege, den du noch nie hast leiden können, ein noch prächtigeres Haus direkt neben deinem. Es ist größer, schöner und in deinen Augen in allen Dingen „besser“. Auch hier gilt: bist du typisch und durchschnittlich veranlagt, kribbelt es dir unter den Fingern und deine Zufriedenheit im Leben mag sinken. Und das, obwohl sich an deinem Zustand, „Bewohnen des schönen Hauses mit Sonnenschein morgens“, nichts geändert hat.
Geld ist aber nicht nur „relativ anderen gegenüber“, sondern auch „relativ in zeitlicher Hinsicht“. Stelle dir hierfür kurz vor, du hättest nach dem Studium mit einem hohen Anfangsgehalt zu arbeiten begonnen. Sagen wir 70.000€ im Jahr. Mit 30 Jahren hättest du ein Jobangebot erhalten, dass dir inhaltlich mehr Spaß machen könnte, aber das dir 10.000€ weniger im Jahr an Gehalt bescheren würde. Die Chancen stehen hoch, dass du lange über diesen Wechsel nachdenkst, eben weil das Gehalt geringer als zuvor ist – und das obwohl du weißt, dass der neue Job dich an anderer Stelle glücklicher machen könnte. Hättest du zu Beginn deiner Karriere mit 60.000€ angefangen, ist es wahrscheinlich, dass du die neue Stelle sofort und mit weniger Grübeln angenommen hättest, eben weil du dein niedrigeres Gehalt hättest steigern können.
Was ich damit sagen will? Oberhalb der Armutsgrenze bleibt Geld wohl stets ein rein subjektiver und relativer Faktor. Objektiv gesehen kannst du dir alles ermöglichen, was es für ein gutes Leben braucht. Die Frage ist nur „wann ist wieviel genug?“.
In Wirklichkeit bestimmst du diese Grenze ganz allein. Das bedeutet für dich, dass du es selbst in der Hand hast, ob dich Geld – oberhalb der Armutsgrenze – glücklich macht oder nicht. Ob du dein Leben danach ausrichten willst oder eben nicht.
Hier meine 2 Cents-Daumenregeln in Bezug auf Geld für dich:
- Fuck You Konto: Ich habe mir über die Jahre etwas Geld angespart, das ich nicht anrühre, aber das mir das Gefühl gibt, meinem Chef oder sonstigen Auftraggebern innerlich „Fuck you“ sagen zu können. Geld also, das es mir erlaubt, meinen gegenwärtigen Job im Notfall aufzugeben, ohne in einen finanziellen Engpass zu rutschen. Mein „Fuck You“-Betrag ist meine angesparte Freiheit. Darüber hinaus ermöglicht mir dieser Betrag, objektiver und freier zu denken. Du hast noch kein entsprechendes Konto? Macht nichts: reduziere die Fixkosten und spare. Je niedriger die Fixkosten, desto schneller hast du die geplante Summe zusammen.
- Vergleiche dich nicht mit denen, die „mehr“ Geld haben. Das macht unglücklich und bringt dich nicht weiter. Auch der Vergleich nach „unten“, also mit Menschen, die weniger haben, bringt dich nicht wirklich vorwärts, weil dieser regelmäßig nur dein Ego streichelt. Mein Tip: Vergleiche dich was „Geldsummen“ betrifft gar nicht erst mit überhaupt jemandem.
- Versuche geringfügigen Schwankungen Deines Einkommens, Deines Aktiendepots oder Deiner sonstigen Vermögenswerte entspannt gegenüber zu stehen. Geld kommt und geht und ist nichts anderes als manifestierte Energie.
- Hast du ein kleines Vermögen aufgebaut, dann bleibe bescheiden. Reichtum zu zeigen und sich den schnellsten Flitzer für die Straße zu kaufen ist einfach. Die Kunst ist bescheiden zu bleiben. Geld entbindet auch nicht davon, sich zuerst nach gebrauchten Dingen umzusehen, bevor Neues angeschafft wird (Circular Economy) oder auch Dinge anstelle eines Neukaufs zu teilen (Shared Economy).
- Denke an die Menschen, denen es nicht so gut geht. Einfach vielleicht aus dem Grund heraus, weil sie nicht so viel Glück wie du hatten und teile was du besitzt. Schenke Zeit, wenn du das kannst oder spende und überlasse es Profis, aus dem Geld Gutes für andere zu tun.
Zusammengefasst: Sobald du oberhalb der Armutsgrenze lebst, hast du einen großen Joker in der Hand. Erst recht, wenn es dir gelungen ist, dein „Fuck You“ Konto aufzubauen. Ob du ein für dich stimmiges, gutes und zufriedenes Leben hinbekommst, liegt ab da „nur“ noch in deiner Hand. Und zwar ganz alleine.
Wenn du an den dafür notwendigen Punkten arbeitest, statt Geld anzuhäufen wie Dagobert Duck, wird dir das bestimmt leicht fallen.